Klage gegen Flink – Der Lieferdienst Flink zahlt über 6000 € ausstehenden Lohn nach

Dieser Artikel erschien in der Tacheles Ausgabe 15

Nach vier Gerichtsterminen steht fest: Der Lieferdienst Flink muss zwei Kollegen gemeinsam über 6000 Euro ausstehenden Lohn nachzahlen. Nach zwei fristlosen Kündigungen Anfang des Jahres und keiner Reaktion auf Nachfragen der Kolleg*innen haben wir gegen Flink geklagt. Dabei haben wir nicht nur den Lohn bis zu den tatsächlichen Kündigungsfristen erkämpft, sondern haben auch Lohn aus den zurückliegenden Jahren erstreiten können, in denen Flink konsequent weniger Schichten vergab und bezahlte, als vertraglich festgehalten waren.

Flink ist einer der Lieferdienste für Lebensmittel, die während der Corona-Pandemie gegründet wurden. Das Geschäftsmodell ist in hohem Maße davon abhängig, dass die Mitarbeiter*innen, welche die Bestellungen aufnehmen und ausliefern, schnell und zuverlässig arbeiten und dabei oft ihre eigene Gesundheit opfern. Flink hat gezeigt, dass die Sicherheit des Lieferpersonals, auch „Rider“ genannt, für sie nicht an erster Stelle steht. Ein Flink-Mitarbeiter berichtet:

Ich habe mehrere Unfälle erlebt, als ich mit den E-Bikes Bestellungen auslieferte, weil die Fahrräder technische Probleme hatten. Entweder werden die Bremsen nicht regelmäßig gewartet oder die Batterien, beziehungsweise das System, haben Probleme, um die ich mich die meiste Zeit kümmern muss, obwohl wir Rider immer versuchen, das Problem beim Management anzusprechen, ohne dass es eine schnelle Lösung gibt. Das macht die Arbeit stressig.“

Die Rider müssen auch bei schlechtem Wetter ausliefern, was aufgrund von Schnee, Regen oder starkem Wind sehr gefährlich werden kann. Wenn es so weit kommt, dass Kolleg*innen wegen eines Arbeitsunfalls nicht dazu in der Lage sind weiterzuarbeiten, baut Flink einen solchen Druck auf, dass sie sich mitunter genötigt fühlen, in der Zeit der Verletzung ihren Urlaub zu nehmen, um nicht zu viele Krankheitstage anzusammeln.

Nach vielen Bitten an die Geschäftsleitung, keine Aufträge mehr anzunehmen, wurden wir angewiesen, Aufträge bei Schnee und Regen auszuliefern, ohne dass das Wetter und die Fahrräder für solche Bedingungen geeignet waren. Am Ende rutschen wir aus und haben Unfälle, oder wir liefern die Bestellung aus, während wir das Fahrrad zu Fuß bewegen. Das ist gefährlich, und bei solchen Wetterverhältnissen warten viele Bestellungen lange, was für die Picker und Rider sehr stressig ist.“

Ein weiteres Problem für viele Rider ist die Schichtplanung: Flink vergibt häufig weniger Stunden pro Woche, als vertraglich vereinbart wurde. Dabei zahlt der Arbeitgeber nicht für die fehlenden Stunden, obwohl die Rider eigentlich arbeiten wollen und Flink zu der Zahlung des Stundenlohns arbeitsrechtlich verpflichtet ist. Auch die Flexibilität in Bezug auf Schichten und Verfügbarkeit entpuppt sich als leeres Versprechen. Da viele Mitarbeiter*innen Studierende sind, müssen sie sich bei der Schichtplanung nach ihren Vorlesungszeiten richten. Flink behauptet, darauf Rücksicht zu nehmen und fordert von allen Mitarbeiter*innen konkrete Angaben für die Erstellung der Schichtpläne, doch im Nachhinein scheinen diese Angaben nicht berücksichtigt zu werden.

Meine freien Tage, an denen ich bei Flink arbeiten kann, wurden meistens nicht respektiert. Ich hatte mit Schichten zu tun, die mir zu Zeiten zugewiesen wurden, in denen ich Vorlesungen und Prüfungen hatte. Wir hatten zwar die Möglichkeit, die Schicht an einen anderen Fahrer abzugeben, aber dadurch hatte ich die meiste Zeit keine Schicht, die die fehlenden Stunden ersetzt hätte.“

Als wären diese Arbeitsbedingungen nicht schlimm genug, hat Flink scheinbar eine eigene Interpretation von Arbeitsrecht: Wenn Flink Arbeiter*innen loswerden will, scheint es gut erprobte Praxis zu sein, einfach mal eine fristlose Kündigung zu verschicken und zu hoffen, dass sich niemand wehrt. Weil die meisten Rider nicht aus Deutschland kommen, hofft Flink einfach, dass sie deutschen Kündigungsschutz nicht so gut kennen. Wer sich nicht einschüchtern lässt und vor Gericht zieht, erhält zum spät nachgezahlten Lohn noch eine halbherzige Entschuldigung… und angeblich ist es jedes Mal ein ärgerliches Versehen gewesen.

Dieser und andere Fälle zeigen, dass es sich trotz miserabler Arbeitsbedingungen lohnt, sich zu wehren. Wenn dich auf der Arbeit was stört: Tu’ dich mit deinen Kolleg*innen zusammen und ändere es!

Aber auch wenn alles zu spät zu sein scheint und die Kündigung schon im Briefkasten liegt, kann oft immerhin noch Geld vom alten Arbeitgeber erstritten werden. Dafür ist es enorm wichtig, alles, was später als Beweismaterial relevant sein könnte, aufzuheben. Ob Arbeitsvertrag, Schichtpläne oder der Streit mit dem Chef: Alles aufschreiben und sicher verwahren.

Bei Flink ist es besonders wichtig, selbst zu dokumentieren. Durch die Praxis der fristlosen Kündigungen kann der Zugriff auf die betriebseigene Software zur Planung der Schichten (Quinyx) plötzlich weg sein – und damit auch wichtige Beweismittel in späteren Prozessen. Also, Screenshots machen und speichern! Damit das Geld, das den Ridern zusteht, nicht in den Taschen von Flink bleibt.